Hanf als Heilmittel
Christian RätschSeit mindestens 6000 Jahren wird der Hanf gleichermassen als Faserlieferant, als Nahrungs- und Genussmittel kulturell genutzt. Aber auch seine vielseitigen medizinischen Qualitäten wurden früh entdeckt. Er hatte einen festen Platz in der pharaonischen, assyrischen, antiken, islamischen und mittelalterlichen Medizin. Überall, wohin der Hanf als Kulturpflanze wanderte, wurden seine Blüten, Blätter, Samen und Harze medizinisch genutzt.
Eine ethnobotanische Bestandsaufnahme und ein Buch für die Praxis, mit vielen Rezepten und Anwendungen.
Verlag: AT-Verlag
Erschienen: September 1998
ISBN: 3-85502-634-3
Kosten: CHF 44.00 EUR 25.90
Buchdaten: 200 Seiten; Format 19,5 x 26,5 cm
zahlreiche farbige und schwarz-weiss Abbildungen
gebunden, mit Schutzumschlag
Buchbesprechung
HANF ALS HEILMITTEL
Ethnomedizin, Anwendungen und Rezepte
Christian Rätsch
AT Verlag, Aarau/Schweiz, 1998 - ISBN 3-85502-634-3
Vor mir liegt ein auf allerbilligstes Papier gedrucktes Flugblatt, das ich irgendwann 1968 im Assan Thole Bazar von Kathmandu in die Hand gedrückt bekam. Es fordert den Leser dazu auf, den “Heavenly Pleasure Room” der “Inn Eden” in Bashantpur zu erfahren, in welchem damals “Best quality variety Hash and Hashish Cakes” angeboten wurden. Soll ich jetzt im Sinne meines Jahrgängers Bill Clinton diese Erfahrung wohl zugeben, gleichzeitig aber mit der eher doofen Einschränkung “I did not inhale” salonfähig wieder abschwächen?
Ebenfalls vor mir liegt der soeben (also fast genau dreissig Jahre später!) erschienene sehr schöne Band “Hanf als Heilmittel”, in welchem der Ethnopharmakologe Christian Rätsch unsere damaligen Erfahrungen im “Heavenly Pleasure Room” in einen gut verständlichen wissenschaftlichen Kontext stellt. Dabei ist der allererste Satz seiner Einleitung hoch-relevant: “Die Grundvoraussetzung für eine wissenschaftliche Betrachtung ist die Ueberwindung von Vorurteilen und ideologisch gebundenen Paradigmen”. Denn es sind just solche Vorurteile, die unter anderen meinen illustren präsidialen Jahrgänger zu solch tollpatschigen Versprechern veranlassen, und die Hanf bzw Haschisch als unwiderruflich einbahnige Vor-Station zu allem Härterem verschreien.
Rätsch macht hier mit Hanf wieder das, was er in seinen vorangegangenen Werken schon mit den “Pflanzen der Liebe” und den “psychoaktiven Pflanzen” gemacht hat: er entmystifiziert, indem er sachlich bleibt, übersichtlich bebildert und leicht verständlich macht. Besonders für Alt-Blumenkinder wie mich (und wahrscheinlich auch Bill), die im Nachhinein wohl ein gespaltenes Verhältnis zum“Kashmiri Ninth Grade” pflegen, tut es gut, dieses eben nicht nur schöne, sondern vor allem aufschlussreiche Werk etwas genauer als üblich durchzulesen.
Uebersichtlich gegliedert in verschiedene Kapitel, gibt das Buch einen umfassenden Ueberblick über die Bedeutung, die der Hanf in den unterschiedlichsten Kulturen und deren medizinischem Wissen einnimmt: ayurvedisch, südostasiatisch, islamisch-arabisch, alchemistisch, schwarzafrikanisch, indianisch etc. Weitere interessante und lehrreiche Aufsätze behandeln den Hanf in der Selbstmedikation, in der Schulmedizin und bei der Behandlung vieler Krankheiten. Natürlich fehlen auch ein Glossar, eine detaillierte Bibliographie, ein umfangreiches Stichwortverzeichnis und - modern! - ein Verzeichnis der einschlägigen Internet-Adressen nicht. Zudem ergänzen viele seltene Zeichnungen und andere Illustrationen den spannenden Textteil in lehrreicher und gleichzeitig unterhaltsamer Weise. Alles in allem liegt uns hier wieder ein Buch vor, das uns einen wesentlichen und wertvollen Wissensbeitrag bringt.
Christian Rätsch (1957) hat als Altamerikanist und Ethnopharmakologe mehrere Jahre unter südamerikanischen Indianern gelebt und ist ein wahrer Weltreisender. Er ist erfolgreicher Autor mehrerer Fachbücher, deren Substanz und Inhalt im Wesentlichen auf seiner eigenen Forschung beruhen.
Roland Nyffeler
Dietlikon/Schweiz 1998